Familienunternehmen bevorzugen noch immer die interne Nachfolge. Konflikte und Probleme können das Gelingen der Nachfolgeregelung jedoch gefährden. Obwohl Familienunternehmen zu individuell sind, um Patentrezepte für einen erfolgreichen Generationswechsel zu formulieren, sind typische Stolpersteine auf dem Weg zu einer gelungenen Unternehmensnachfolge zu erkennen.

Die 10 häufigsten Probleme einer internen Nachfolgeregelung in Familienunternehmen sind:

  • Mangelnde Kommunikation über die Nachfolge im Familienunternehmen
  • Nachfolgeplanung hinauszögern
  • Rollen-Dilemma in inhabergeführten Unternehmen
  • Fehlende Organisationsentwicklung
  • Angst, für die Familie unangenehme Entscheidungen zu treffen
  • Unzureichendes Infomrieren der Belegschaft
  • Fehlender Karriereplan in der Nachfolgeregelung im Familienunternehmen
  • Zu hohe Priorität der Steueroptimierung
  • Clash der Kulturen in der Übergangsphase im Familienunternehmen
  • Mangelnde Berücksichtigung der individuellen Konstellation

Was dahinter steckt und wie Familienunternehmen diese Probleme lösen können:

1. Mangelnde Kommunikation über die Nachfolge Familienunternehmen

Problem: Die anstehende Unternehmensnachfolge wird oft viel zu spät und manchmal gar nicht im Familienkreis thematisiert. Auch wenn der Sohn oder die Tochter vielleicht in der Firma arbeiten, heißt das keineswegs, dass sie das Familienunternehmen auch weiterführen möchten. Unausgesprochene Annahmen oder Erwartungen der Generationen führen nicht selten zu Konflikten, wenn die Nachfolge konkret geregelt werden soll.

Lösung: Machen sie die Nachfolgeregelung zu einer kommunikativen Familienangelegenheit! Setzen Sie sich frühzeitig im familiären Kreis zusammen und tauschen Ihre Nachfolge-Vorstellungen und Erwartungen aus. Kommunikation ist die Königsdisziplin der Unternehmensnachfolge. Sind Sie unsicher, wie solche Gespräche am besten zu führen sind, oder befürchten Sie aufkeimende Konflikte, dann lassen Sie sich hierbei professionell begleiten. Dann kann sich jedes Familienmitglied im Gespräch auf seine Anliegen fokussieren.

2. Nachfolgeplanung hinauszögern

Problem: Familienunternehmen fehlt es oft an einem Nachfolgekonzept. Sei es, weil sich die abgebende Generation noch jung und fit fühlt, sei es, weil es ihr schwerfällt, einen neuen  Lebensabschnitt abseits ihres unternehmerischen Daseins zu planen. Die Ursachen für das Nichtbeschäftigen mit der Unternehmensnachfolge sind zahlreich und vielfältig. Das konnte ich auch im eigenen Familienunternehmen als Nachfolgerin erleben. Meine geschäftsführenden Tante vermeldete zu ihrem 75. Geburtstag, dass sie das Unternehmen am liebsten erst mit den Füßen nach vorne verlassen würde.

Lösung: Die Planung der eigenen Nachfolge in einem Familienunternehmen ist fester Bestandteil des unternehmerischen Lebens. Es hilft, diesen Umstand als Fakt akzeptieren zu können, und sich zeitig mit einem Nachfolgekonzept zu beschäftigen. Banken haben das Thema „Nachfolge in Familienunternehmen“ ab dem 55. Lebensjahr der Geschäftsführenden bei inhabergeführten Unternehmen auf der Agenda.

3. Nachfolgeregelung: Rollen-Dilemma im Familienunternehmen

Problem: Wer als Familienmitglied in einem Familienunternehmen tätig ist, bekommt es unweigerlich mit dem Rollen-Dilemma zu tun: Ehe man sich versieht, vermischen sich die privaten und die geschäftlichen Rollen. Wenn sich zwei Unternehmensgenerationen in einem unternehmerischen Kontext in einem „Eltern-Kind-Verhältnis“ unterhalten, schädigt das den Nachfolgeprozess. Denn ein solches Verhalten beschränkt zum Beispiel die Außenwirkung der Nachfolgegeneration. Unbewusste Kommunikation ist daher eines der größten Konfliktpotenzial in der Nachfolge von Familienunternehmen.

Lösung: Ich empfehle, den Umgang mit Familienmitgliedern im Unternehmen stets zu hinterfragen: Verhalte ich mich so auch gegenüber Dritten in diesem Umfeld? Wenn Sie dies verneinen müssen, dann sollten Sie das eigene Kommunikationsverhalten an die jeweilige Umgebung anpassen.

4. Fehlende Organisationsentwicklung

Problem: Traditionell sind Familienunternehmen oft über Jahrzehnte hinweg von einem Unternehmer oder einer Unternehmerin geführt worden und auf diese Person ausgerichtet gewesen. Entscheidungen wurden alleinig auf dieser Ebene gefällt. Heute ist eine flachere Führungskultur in den Unternehmen üblich. Mit der Nachfolge steht daher in vielen Familienunternehmen auch eine Entwicklung der Organisation an. Das kann den Nachfolgeprozess zusätzlich belasten.

Lösung: Das Familienunternehmen sollte sich bereits im Stadium der Nachfolgeplanung personenunabhängiger aufstellen und eine zweite Führungs- und Entscheidungsebene implementieren. Davon profitiert der gesamte Nachfolgeprozess. Denn das zeitige Umorganisieren nimmt der nachfolgenden Generation den Druck, mit ihrem Einstieg gleich das gesamte Unternehmen umstrukturieren zu müssen, um die Firma gut in die Zukunft führen zu können.

5. Angst, unangenehme Entscheidungen in der Familie zu treffen

Problem: Eine Familie ist im Gegensatz zu einem Unternehmen nicht auf Erfolg und Gewinnmaximierung ausgerichtet, sondern auf Liebe und Harmonie. Aus dem familiären Harmoniestreben heraus werden in Familienunternehmen mitunter Entscheidungen getroffen, welche die Handlungsfähigkeit des Unternehmens gefährden können. Das ist z.B. der Fall, wenn Eltern sich scheuen, offen mit ihren Kindern über deren Eignung für die Unternehmensnachfolge zu sprechen. Oder, wenn ein Familienmitglied die Nachfolge nur aus Pflichtgefühl und Loyalität antritt, obwohl es sich eigentlich einen anderen Berufsweg für sich wünscht.

Lösung: Gleichbehandlung dient der Familie, nicht dem Unternehmen. Das rechtzeitige Aufstellen von objektiven Nachfolgekriterien hilft, Emotionen aus der Nachfolgeregelung herauszunehmen. Damit können sich die Beteiligten auf die Nachfolge-Anforderungen einstellen und sich danach ausrichten.

6. Ungenügendes Informieren der Belegschaft

Problem: Die Nachfolge im Familienunternehmen stellt auch für deren Mitarbeiter eine große Veränderung dar.  Denn der Generationswechsel in der Chefetage geht oft mit einer veränderten Unternehmens- und Führungskultur einher. Häufig sind es der Nachfolgenden, denen es schwerfällt, sich in Geduld mit den Mitarbeitern zu üben. Dass sich ihr neuer Elan nicht gleich auf die Mitarbeiter überträgt, für die sich der Generationswechsel zunächst Unsicherheit bedeutet, erfordert das Fingerspitzengefühl des Nachfolgers. Denn eine Nachfolge ohne die Gefolgschaft der Mitarbeiter ist zum Scheitern verurteilt.

Lösung: Die Belegschaft durchläuft einen ganz eigenen Nachfolgeprozess, um sich an die nachfolgebedingten Veränderungen zu gewöhnen. Wertschätzung für ihre Arbeit und ihre Loyalität helfen, ihnen diese Übergangsphase zu erleichtern.

7. Fehlender Karriereplan in der Nachfolgeregelung im Familienunternehmen

 Problem: Steigt die nächste Generation in das Familienunternehmen ein, ist oft unklar, wie  sich der Nachwuchs Wissen und Erfahrung aneignen soll. Das „Mitlaufen mit der Vorgänger-Generation“ ohne konkrete Job-Beschreibung ist immer noch ein weit verbreitetes Vorgehen in inhabergeführten Unternehmen, um die Firma kennenzulernen. Das führt oft zu Frust beim Nachwuchs, und hat so manchen Nachfolgenden wieder aussteigen lassen, insbesondere, wenn sie  bereits erste Berufserfahrungen in anderen Strukturen gesammelt haben.

 Lösung: Schaffen Sie klare Karrierewege für den Nachwuchs im Familienbetrieb. Es ist ein starkes Signal, wenn ihnen Möglichkeiten aufgezeigt werden und sie frühzeitig erfahren, welche Schritte sie zu unternehmen haben, um eine Nachfolge antreten zu können. Teil des Nachfolgekonzeptes sollte daher ein gut ausgearbeiteter Karriereplan sein, welcher der NextGen die Stationen zu einer führenden Position im Familienunternehmen aufzeigt.

8. Problem der Nachfolgeregelung: zu hohe Priorität der Steueroptimierung

Problem: Häufig wird steuerlichen Optimierungen ein zu hoher Stellenwert bei der Nachfolgeplanung in Familienunternehmen eingeräumt. Die Ausnutzung der schenkungssteuerlichen Freibeträge kann zwar ein guter Grund sein, um Anteilsübertragungen rechtzeitig in die Wege zu leiten. Die Nachfolgeplanung ist jedoch zu komplex und zu wichtig, als dass sie von steuerlichen Aspekten geführt werden sollte . Ist die Senior-Generation noch nicht bereit, Macht abzugeben, oder fehlt es der nachfolgenden Generation noch an gesellschaftsrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Kenntnissen, ist von frühzeitigen Anteilsübertragungen abzuraten.

Hier geht es zu meinem vertiefenden Artikel zur Steueroptimierung.

Lösung: Abgebende und nachfolgende Generation sollten sich ihrer Verantwortung als Teilhaber eines Familienunternehmens bewusst sein. Oft sind Familiengesellschafter nicht operativ im eigenen Unternehmen tätig. Workshops, um ihre Kompetenzen als Mitinhaber und Mitinhaberinnen zu stärken, helfen, sie mit dieser Rolle und ihren Aufgaben vertraut zu machen. Dann kann es auch zu steueroptimierenden Übertragungen kommen.

9. Clash der Kulturen in der Übergangsphase im Familienunternehmen

Problem: Ist der Nachwuchs in das Familienunternehmen eingestiegen, kommt es in der Regel zu einer ein- bis zweijährigen Übergangsphase, in der beide Generationen zusammen im Betrieb tätig sind. Häufig kracht es in dieser Zeit noch einmal ordentlich zwischen Vorgänger und Nachfolgenden, denn der gemeinsame Alltag zeigt die unterschiedlichen Ansätze, Arbeitsweisen und noch unausgesprochenen Erwartungshaltungen wie ein Brennglas auf.

Lösung: Den Nachfolgenden schnell einen eigenen Verantwortungsbereich zu schaffen, hilft, um als Führungsperson heranzuwachsen, sich die Anerkennung der Mitarbeiter zu erarbeiten und sich einen eigenen Stil anzueignen. Dabei geht es nicht darum alles von Beginn an richtigzumachen, sondern dass eine Entwicklung ermöglicht wird. Fehler dürfen gemacht und daraus gelernt werden.

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10. Mangelnde Berücksichtigung der individuellen Konstellation

Problem: Jedes Familienunternehmen und ihre Unternehmerfamilie ist unterschiedlich. Die Größe des Unternehmens, das Genogramm der Familie, die Generationenzahl, die Anzahl der im Unternehmen tätigen Familienmitglieder, die Größe des Gesellschafterkreises, Geschwisterkonstellationen – die Liste der Faktoren, die ein Familienunternehmen einzigartig machen, ist lang. Viele Familienunternehmer glauben jedoch noch, es gäbe bei der Nachfolgeregelung ausreichend Best-Practice-Beispiele, die man nur nachahmen müsse. Das Wittener Prozessmodell versucht hilfreich, zwischen Typisierungen und Einzelfällen zu unterscheiden. Die fehlende Berücksichtigung der individuellen familienunternehmerischen Parameter hat schon manchen Nachfolgeprozess zum Scheitern gebracht.

Lösung: Der Zuschnitt der Nachfolgereglung auf die individuellen Verhältnisse des Familienunternehmens ist ein wichtiges Kriterium für das Gelingen des Generationswechsels. Insbesondere sollten die Herausforderungen, die eine interne Nachfolge mit sich bringen, angemessen im Prozess betrachtet werden, so dass alle involvierten Familienmitglieder die Nachfolge-Entscheidung unterstützen können.

Fazit: Ein Nachfolgeprozess ist langwierig und umfangreich. Neben zahlreichen rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Themen gibt es persönliche Themen zu klären. Um die Komplexität dieses Prozesses zu managen, sollte für die Durchführung der Nachfolge drei bis fünf Jahre eingeplant werden und eine individuelle Nachfolgestrategie mit professioneller Hilfe erstellt werden.

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Wie es mir damals als Nachfolgerin ergangen ist? Dazu befragte mich Kollegin Susanne Dahncke im Podcast – einfach mal reinhören:

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