Dina Reit ist Nachfolgerin im Familienunternehmen SK Laser GmbH. Zusammen mit ihrem Vater führt sie das Unternehmen in der 2. Generation. Auf der Suche nach Role Models für ihre eigene Nachfolge ist sie selbst zu einer Leitfigur für viele Nachfolgende geworden. Regelmäßig publiziert sie offen und authentisch über ihre Nachfolge-Erfahrungen in den sozialen Medien. In unserem Gespräch berichtet Dina über die Herausforderungen, die sie und ihr Vater insbesondere beim gemeinsamen Arbeiten und Führen im Unternehmen zu meistern haben.
Carola Jungwirth: Liebe Dina, stellst Du Dich am besten kurz einmal selbst vor: Wer bist Du und was machst Du?
Dina Reit: Ich bin Dina Reit und unser Familienunternehmen ist die SK Laser GmbH. Wir sind klassische Maschinenbauer mit Sitz in Wiesbaden. Wie bauen Laser-Maschinen, und zwar kundenspezifisch. Mein Vater hat das Unternehmen 2005 gegründet. Ich bin die zweite Generation, mit dem ganzen Fluch und Segen, den eine zweite Generation mit sich bringt
Carola Jungwirth: Bevor wir über Fluch und Segen der zweiten Generation sprechen, schildere doch bitte zunächst Deinen beruflichen Werdegang. Führte der direkt ins Unternehmen?
Dina Reit: Ich war 13 Jahre alt, als das Unternehmen gegründet wurde. So habe ich vieles hautnah mitbekommen und habe diese Gründungsphase auch als eine ganz schön harte Phase in Erinnerung. Ich habe miterlebt, wieviel mein Vater zu tun hatte, und dass auch viele Sorgen und Ängste rund um das Unternehmen dazu gehören. Daher wollte ich eigentlich nicht ins Unternehmen einsteigen. Auch wenn ich schon immer im Büro mitgearbeitet oder Videoclips über das Unternehmen veröffentlicht hatte. Nach dem Abi wollte ich etwas ganz Anderes machen, habe dann aber das gleiche wie mein Vater studiert, nämlich Wirtschaftswissenschaften. Dann wurde ich ganz mutig und habe noch ein zweites Studium begonnen, Kunstgeschichte und Philosophie. Damals hatte ich vor, Kuratorin im Museum zu werden. Ich wollte einen komplett anderen Weg einschlagen. Mein Vater war schon davon ausgegangen, die Firma zu verkaufen. Aber dann hat es mir im Museum nicht so gut gefallen. Ich habe festgestellt, dass das unternehmerische Arbeiten mir viel mehr entsprach als das Arbeiten in einem Museum. Daher bin ich zu meinem Vater hin, und habe ihm gesagt: „Du, ich möchte zu dir ins Unternehmen kommen, ich möchte Unternehmerin sein. Ich bin dankbar, dass du diese harte Zeit der Gründung geschafft hast und ich jetzt die Chance habe, in ein bestehendes Unternehmen reinzukommen.“ Ich habe dann erst noch meinen Master in Management gemacht und bin dann 2019 ins Unternehmen eingestiegen.
Carola Jungwirth: Wenn ich Dich richtig verstanden habe, sagst Du, dass es das Unternehmertum war, das Dich von Deinem anfänglichen Werdegang wieder abgebracht hat. Dich hat also die Prägung, wie du aufgewachsen bist, ins Familienunternehmen einsteigen lassen?
Dina Reit: Total. Ich denke, wenn man so aufwächst und wenn man der Typ dafür ist – dann ja. Meine Schwester hat sich zum Beispiel nicht für das Unternehmen interessiert, hat dort auch in der Schulzeit nicht mitgearbeitet. Ich war dagegen schon immer eingebunden, weil es mein Ding war. Ich glaube, dieses sich mit Haut und Haaren einer Sache zu verschreiben, das entspricht mir. Ich scheue mich nicht davor Verantwortung zu übernehmen. Es gefällt mir, Zukunft mitgestalten zu können. Mit den Mitarbeitenden zusammen zu überlegen, wo sehen wir uns als Firma? Wie können wir uns weiterentwickeln? Das finde ich richtig cool.
Dina Reit: „Mein Mindset war schon auf Nachfolge aus“
Carola Jungwirth: Wie ist Dein Einstieg ins Unternehmen dann konkret verlaufen? Bist du angetreten, mit dem Selbstverständnis nachzufolgen?
Dina Reit: Ja, mein Mindset war schon auf Nachfolge aus. Ich habe viele Erwartungen an mich selbst gehabt, zum Beispiel hatte ich die Erwartung, alles innerhalb von kürzester Zeit zu können, was mein Vater konnte. Da habe ich mir am Anfang viel zu viel Druck gemacht.
Carola Jungwirth: Das klingt nicht gut.
Dina Reit: Nein, das war es nicht. Und allen, denen ich damals davon erzählte, konnten das nicht nachvollziehen. Nur Menschen, die in einer ähnlichen Situation waren – also auch Nachfolgende in Familienunternehmen – verstanden, wovon ich sprach. Mitunter habe ich blöde Kommentare reingedrückt bekommen. Mir wurde gesagt: „Aber du trägst doch noch gar keine Verantwortung, dein Vater ist doch noch da.“ Sie haben nicht gesehen, dass ich mit meinem Einstieg auch eine Entscheidungsbasis für andere Leute geebnet habe. Dadurch, dass ich reingegangen bin, haben unsere Mitarbeitenden zum Beispiel gedacht, „Klasse, das Unternehmen läuft weiter.“ Oder die Zukunft meiner Eltern hat sich durch meine Entscheidung ja auch stark verändert. Ich habe nicht nur eine Entscheidung für mich, sondern auch für meinen Ehemann getroffen. Denn mit meinem Einstieg ist natürlich auch eine gewisse Ortsgebundenheit gegeben. Diese Dinge haben mir am Anfang zu schaffen gemacht. Dazu kam, dass mein Vater erst mal zwei Wochen in den Urlaub gefahren ist als ich meinen ersten Arbeitstag hatte.
Carola Jungwirth: Oha, das klingt nach einem Sprung ins kalte Wasser. Wie ging es dann weiter?
Dina Reit: Ich habe mit meinem Vater nach zwei Monaten zusammengesessen und gesagt, dass es so nicht funktionieren wird. Dass wir etwas ändern müssen. Ich habe dann eine Art Traineeship im Unternehmen gemacht und elf Monate in der Konstruktion mitgearbeitet. Das hat mir viel gebracht, um mir den technischen Part im Unternehmen anzueignen.
Carola Jungwirth: Ich verstehe, Ihr habt Deinen Einstieg und Eure Unternehmensnachfolge dann gewissermaßen professionalisiert…
Dina Reit: Ja, es war vollkommen unstrukturiert. Wir hatten keine Ahnung, wie Nachfolge eigentlich funktioniert. Wir dachten, wenn ich quasi neben meinem Vater sitze und zuhöre, was der so macht, dass ich es dann kann. Aber so war es nicht.
Mein Vater hatte dann die gute Idee, eine Beraterin an Bord zu holen. Die begleitet uns nun schon eine ganze Weile. Alle sechs bis acht Wochen machen wir zu Dritt einen Workshop, um die nächsten Schritte zu besprechen. Am Anfang waren das praktische Dinge, wie ein Meilensteinplan oder Testament, Gesellschaftsvertrag, Ehevertrag. Dazu dann Fragen wie: Wie stellen wir das Unternehmen um? Wie geht es weiter? Wo stehen wir gerade? Das sind die Punkte, an denen wir jetzt arbeiten.
Carola Jungwirth: Wie hast Du Deinen Einstieg persönlich erlebt? Gab es Momente des Zweifelns?
Dina Reit: Wenn man Nachfolger ist, dann ist es meines Erachtens normal, dass es zwei große Zweifelphasen gibt. Die erste Phase ist eher am Anfang, wenn man merkt, wieviel das alles ist. Man weiß nicht, wo man anfangen und wie man reinkommen soll. Und dann soll man das noch mit dem Vater hinbekommen. Das ist ein krasser Schritt. Man geht von der familiären Vater/Tochter-Beziehung hin zu Geschäftspartnern auf Augenhöhe. Es ist wichtig zu schauen, wie man sich da gut als Familie aufstellt, so dass sich Themen aus dem Unternehmen nicht negativ auf das Private auswirken. Nach dieser ersten Zweifelphase habe ich mich sortiert und habe dann weitergemacht.
Carola Jungwirth: Und dann lauerte da schon die zweite Zweifelsphase?
Dina Reit: Genau. Man ist schon ganz gut eingearbeitet und von außen sieht es eigentlich so aus, als würde alles gut laufen. Und auf einmal kommen noch mal diese Zweifel. Diese zweite Phase ist eher dadurch geprägt, dass man sich wirklich noch mal fragt: „Will ich das hier wirklich? Kann ich noch rausgehen, wenn ich mich noch gegen die Nachfolge entscheiden würde?“ Grund für diese Zweifel, ist die Erkenntnis, dass es gar nicht so einfach ist, ein Unternehmen zu übernehmen. Ich habe mir das viel einfacher vorgestellt, als ich reingekommen bin. Ich dachte, ich mache es wie mein Vater und dann läuft es. Aber ich bin nicht mein Vater. Er war es gewohnt, dass vieles über seinen Tisch lief. Das ist sicher typisch für Unternehmensgründer. Ich möchte es anders machen. Das ist ein Change Prozess für die gesamte Firma. Das ist viel Arbeit und eine riesengroße Entscheidung für das eigene Leben.
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Dina Reit: „Wenn man nicht miteinander redet, dann wird es auch nichts“
Carola Jungwirth: Wie hast Du diese Zweifelphase bewältigen können?
Dina Reit: Es kamen die Momente, als ich merkte: Ja ich schaffe das, ich kriege das hin. Ich kann die Geschäftsführerin hier sein und mir gelingt es, das Unternehmen umzubauen. Es waren die kleinen Erfolge im Daily Business. Mehr Verantwortung, eigene Entscheidungen. Diese kleinen Schritte, die summieren sich auf. Und auf einmal merkte ich, ich sitze gerade total fest im Sattel, so fest wie noch kein einziges Mal in den Jahren davor. Das war es.
Carola Jungwirth: Kannst Du Dich noch erinnern, wann diese Zweifelphase aufkam?
Dina Reit: Ich würde sagen, nach einem Jahr dachte ich, es läuft alles top. Und dann kamen die Zweifel noch einmal ums Jahr zwei herum. Damals war es sehr hilfreich für mich, mit unserer Beraterin darüber zu sprechen. Sie sagte in etwa: „Aha, jetzt sind wir an dem Punkt, ganz normal Frau Reit. Man kann sich in diesem Augenblick auch noch dagegen entscheiden.“ Das war für mich ein Moment, wo sich alles ein bisschen entspannt hat.
Carola Jungwirth: Wie fühlst Du Dich heute? Fühlst Du Dich als Nachfolgerin, als Unternehmerin, als Geschäftsführerin? Welches „Paar Schuhe“ trägst Du?
Dina Reit: Ich trage mehrere. Klar bin ich die Nachfolgerin. Mein Vater ist ja auch noch im Unternehmen tätig. Andererseits fühle mich auf jeden Fall auch als Geschäftsführerin. Und Unternehmerin – ja auch. Das ist glaube ich das, woran ich noch am meisten arbeite – mich als Unternehmerin zu verstehen. Das passiert aber, denn die unternehmerischen Entscheidungen, die ich treffen habe, werden immer mehr.
Carola Jungwirth: Mit Deinem Wissen und Deinen Erfahrungen von heute – was würdest Du anderen Familienunternehmern raten, wie sie ihre interne Unternehmensnachfolge angehen sollten, damit diese nachhaltig gelingt?
Dina Reit: Ganz klar: Miteinander kommunizieren. Wenn man nicht mehr miteinander redet, dann wird es auch nichts. Wichtig ist, zu verstehen, dass Nachfolge Arbeit für beide Generationen ist. Es sind eben nicht nur die Nachfolgenden, der sich auf das Neue einstellen müssen, sondern auch die Senioren, die daran zu arbeiten haben, selber überflüssig zu werden. Sich dafür gemeinsam Zeit zu geben. Für uns war es tatsächlich auch sehr gut, eine Beratung zu haben. Auch weil das operative Geschäft schnell von der Nachfolge ablenken kann. Aber man muss schon immer wieder daran weiterarbeiten und auch immer wieder darüber reden. Das ist, denke ich, wichtig.
Carola Jungwirth: Liebe Dina. Vielen Dank für das offene Teilen Deiner Nachfolge-Erfahrungen. Ich bin mir sicher, dass Du mit Deiner Geschichte ein Role Model für viele andere Nachfolgende sein kannst.
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