Auf das Potenzial von Frauen in Führungspositionen kann die deutsche Wirtschaft heutzutage nicht mehr verzichten. Sowohl der demografische Wandel als auch eine kluge Unternehmensstrategie verlangen mehr Diversität und gemischt besetzte Führungsteams. Das gilt erst recht für Familienunternehmen. Was kann getan werden, damit Frau besser aufgestellt ist?

Gerade in Familienunternehmen erschweren es alte Rollenbilder und tradiertes Denken, dass Frauen als Unternehmensnachfolgerinnen innerhalb und außerhalb der Familie überhaupt wahrgenommen zu werden.

In meiner Beratungspraxis erlebe ich es heute noch vermehrt, dass sich der erste Blick des abgebenden Unternehmensinhabers bei der Frage nach der passenden internen Nachfolge immer noch auf den Sohn richtet. Erst wenn dieser eine Nachfolge für sich ausschließt, oder von sich aus das gemischte Führungsteam mit der Schwester oder Cousine ins Spiel bringt, öffnet sich die Tür für eine weibliche Nachfolge-Kandidatin.

Leichte Bewegung, aber noch kein Trend für Frauen in Führungspositionen zu erkennen

Die Statistiken belegen diese Beobachtung: Gemäß der Studie der Allbright Stiftung aus dem Jahr 2022 lag der Frauenanteil in der Geschäftsführung der 100 größten Frauenunternehmen mit 8,3% unter der ohnehin schon niedrigen Frauen-Quote von 14,3% der 160 an der Frankfurter Börse notierten Unternehmen.

Auch wenn weitere Umfragen belegen, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen in großen Unternehmen besonders niedrig ist, weisen mittelständische Unternehmen ebenfalls unbefriedigende Zahlen auf. Mit einem Anteil von ca. 23% von Frauen in Führungspositionen zeigt sich auch im Mittelstand trotz einer höheren Sensibilität gegenüber dem Thema eine Stagnation, wie die Tagesschau zum Weltfrauentag im März 2024 berichtet.

Tradiertes Denken, erschwerte Bedingungen und Ängste erschweren Frauen den Weg in Führungspositionen

Das Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend fasst die Gründe für diese Zahlen nach meinem Empfinden auch für heute noch zutreffend zusammen:

  • In der Studie des Ministeriums zeigten viele Männer Zustimmung zu einem allgemeinen Anstieg von Frauen in Führungspositionen. Sie bedauerten, dass es noch nicht mehr Frauen in Führungspositionen gäbe.
  • Damit sei zwar ein wichtiges Etappenziel erreicht, nämlich das Statement der Akzeptanz von Frauen in Führungspositionen. Aber diese gender-political-correctness erhöhe bei der konkreten Entscheidung für die Besetzung einer Führungsposition noch nicht die Chance einer Kandidatin auf eine solche Position, so der Bericht.
  • Die Studie stellt vielmehr fest, dass viele Männer (zum Teil unbewusst) noch immer als „Hüter der gläsernen Decke“ agieren.

Gleichwohl sieht die Studie auch Barrieren seitens der Frauen auf dem Weg zu Führungspositionen. Ein Teil der kompetenten Frauen schrecke davor zurück, in eine Führungsposition aufzusteigen.

Noch immer bestehen die (begründeten) Ängste

  • als Frau mehr leisten zu müssen als ein Mann in derselben Position,
  • als Frau einem vielfach höheren Erwartungsdruck ausgesetzt zu sein als Männer,
  • als Minderheit in einer Männerdomäne zum Teil gegen überkommene eingeschliffene „männliche“ Rituale kämpfen zu müssen und sich dabei aufzureiben,
  • als Frau ihre eigenen „anderen“ Konzepte von richtigem und erfolgreichem Management gegen die Macht der Mehrheit verteidigen zu müssen,
  • und vor allem: Als Frau angesichts der Belastungssteigerung und erhöhten Zeitknappheit noch schwerer Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können.

Nach meiner Erfahrung stoßen diese erschwerten Bedingungen für Frauen zusätzlich noch auf Selbstzweifel und hohe Ansprüche, die vielen Nachfolgerinnen immanent zu sein scheinen. Meine Kollegin, die Wissenschaftlerin Dr. Daniela Jäkel Wurzer berichtet in unserem Interview von dem Phänomen bei Nachfolgerinnen, “es besonders gut machen zu wollen” und von dem oft im Coaching gehörten Satz: “Ich weiß nicht, ob ich das kann.”

Lösungsansätze zur Unterstützung von Frauen in Führungspositionen

Es braucht keine Raketenwissenschaft, um festzuhalten, dass es weiterer gezielter Maßnahmen bedarf, um Frauen den Zugang zu Führungspositionen weniger zu erschweren. An der Spitze der Maßnahmen steht mit Sicherheit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Auch wird sich der gesellschaftliche Bewusstseins- und Rollenwandel noch weiterentwickeln müssen. Doch was wären praxisnahe, erste Schritte, die wir bereits heute unternehmen können, um den Wandel voranzutreiben?

Rollenvorbilder für Frauen in Führungspositionen

Es sind noch zu wenige Frauen, die sich in die erste Führungsreihe trauen und sich mit ihrem Karriereweg auch sichtbar machen. Dabei wären Sie als Rollenvorbilder, insbesondere für junge Nachfolgerinnen, so wichtig. Rollenvorbilder geben Mut, Motivation und Selbstvertrauen: “Wenn sie das geschafft hat, dann kriege ich das auch hin” ist ein Satz, der leider, auch in Nachfolgeprozessen, aufgrund fehlender Referenzen noch zu selten geäußert wird.

Umso erfreulicher ist es, dass zunehmend mehr junge Unternehmerinnen und Nachfolgerinnen mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit gehen. Sie teilen ihre Zweifel, ihren Werdegang, ihr Scheitern, ihre Ängste und ihre Erfolge und leisten damit einen wichtigen Beitrag, um andere Nachfolgerinnen in ihrer Entscheidungsfindung zu stärken.

Christina Diem-Puello, Alexander Kohlmann, Dina Reit oder Lena Schaumann haben sich getraut, ihren Nachfolge-Weg publik zu machen. Innerhalb kürzester Zeit haben sie sich einen Namen auf der Bühne der jungen Unternehmerinnen und sich selbst damit zu wichtigen Rolemodels gemacht. Ihr Erfolg zeigt, wie groß der Bedarf an Rollenvorbildern ist.

Mehr zum Thema auch in unserem Podcast ‚Family Business Time‘ auf Spotify, Apple Podcasts & Google Podcasts oder direkt hier, wenn Du Lust hast, den Werdegängen mutiger Nachfolgerinnen zu zuhören:

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