Die Geschichte von Familienunternehmen ist oft mit einem für sie charakteristischen Führungsstil verbunden, dem patriarchalen Führungsstil. Dieser hatte seine Wurzeln häufig in der Gründungszeit des Unternehmens.

Beim patriarchalen Führen steht eine starke Einzelperson an der Spitze des Unternehmens im Mittelpunkt. Diese Führungskonstellation hat insbesondere in der Aufbauphase von Familienunternehmen in älteren Generationen viele Vorteile mit sich gebracht. Doch heute mehren sich die Zweifel, ob dieser Führungsstil noch zeitgemäß ist. Das zeigt sich vor allem, wenn der Generationswechsel im Unternehmen ansteht.

Der Patriarch: morgens der Erste und abends der Letzte im Büro…

Früher war es selbstverständlich, dass der Firmeninhaber morgens der Erste im Büro war und abends als Letzter das Unternehmen verließ. Wer selbst in einem Familienunternehmen tätig ist, dem ist diese Haltung der älteren Generation wahrscheinlich bestens bekannt. Es ist nur eins von vielen Beispielen für das patriarchale Selbstverständnis.

Die patriarchale Führung zeichnet sich durch eine klare Hierarchie aus, bei der die Macht- und Entscheidungsgewalt bei einer zentralen Person gebündelt ist. Viel bis alles läuft über den Schreibtisch des Chefs. Er – in der Regel sprechen wir hier von einer männlichen Person – hat damit nicht nur den Entscheidungsstil, sondern auch die Unternehmenskultur und Wertvorstellungen eines Familienunternehmens bestimmt. Und der unternehmerische Erfolg gab den Patriarchen mit seinem Vorgehen recht.

Die Vorteile des patriarchalen Führungsstils liegen klar auf der Hand, insbesondere in den Aufbauphasen eines Familienunternehmens:

  • Kurze Entscheidungswege: Entscheidungen, die nur von einer Person getroffen werden, erfolgen schneller und effizienter. Das spart auch Ressourcen.
  • Zeitsparender Kommunikationsaufwand: Mit einer alleinigen Entscheidungskultur besteht weniger Abstimmungsbedarf. Das spart Zeit.
  • Flexibilität: Eine klare Entscheidungsgewalt kann sich wahrscheinlich schneller an Marktveränderungen anpassen.

Doch mit der Zeit sind die meisten Familienunternehmen gewachsen. Sie haben wirtschaftlich expandiert und daraus reslutierend vielleicht auch ihre Rechtsform verändert.  Im Außen haben sich die Gesellschaft und der Arbeitsmarkt weiterentwickelt.

Zunehmende Komplexität bringt den patriarchalen Führungsstil an Grenzen

Zu diesen Veränderungen kamen und kommen die steigende Komplexität der regulatorischen, wirtschaftlichen und globalen Rahmenbedingungen. Die Folge: Der patriarchale Führungsstil stieß in vielen Familienunternehmen an seine Grenzen.

Diese Grenzen zeigen sich vermehrt an den folgenden Punkten:

  • Risiko der Überzentralisierung: Die zu starke Konzentration der Macht auf eine Person kann zu einer zu großen Abhängigkeit von dieser Person führen: Was passiert mit dem Unternehmen und der Inhaberfamilie, wenn diese Person eines Tages unerwartet ausfällt?
  • Mangelnde Innovation: Das zu starke Fokussieren auf Altbewährtes hindert das Unternehmen, neue Ideen und Innovation zu fördern – Stichwort „Digitalisierung“
  • Mangelnde Delegation: Die Entwicklung und Motivation von Führungskräften kann durch eine zu starke Kontrolle durch einen patriarchalen Führungsstil gehemmt werden.
  • Stau in der Organisationsentwicklung: Ein patriarchaler Führungsstil lässt nur wenig Raum für eine flache Hierarchie und eine zweite Führungsebene. Beides sind wichtige Bestandteile einer modernen Unternehmensführung geworden – und für junge Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt unabdingbares Auswahlkriterium bei der Berufswahl.

Nachfolge als Brennglas für patriarchale Führungsstile

Auch wenn sich notwendige Veränderungen im Führungsstil bereits über Jahre andeuteten, wurden viele Familienunternehmen weiter patriarchal geführt. Warum auch etwas verändern, was über Jahrzehnte hinweg erfolgreich funktioniert hat?

Zum Einschnitt kann es dennoch kommen, spätestens, wenn die Regelung der Nachfolge ansteht. Hier kommen Alt und Jung zusammen und mit ihnen die generationsbedingten Unterschiede über die richtige Art des Vorgehens. In diesem „Clash der Kulturen“ können unterschiedliche Verständnisse der Generationen von Tradition und Innovation, oder eben auch von einem patriarchalen und modernen, kooperativen Führungsstil förmlich aufeinanderprallen.

Verständnis moderne(re) Unternehmensführung wecken

Das Verständnis für unterschiedliche Unternehmenskulturen, Führungsstile und moderne Unternehmensführung zu wecken, ist eine zentrale Aufgabe bei der Regelung der Nachfolge.

Der patriarchale Führungsstil hat in der Geschichte vieler Familienunternehmen eine entscheidende Rolle gespielt und wesentlich zu ihrem Erfolg beigetragen. Es ist wichtig, dass dieser Aspekt von der nachfolgenden Generation gesehen und gewürdigt wird. Doch wie jede Organisationsform hat auch der patriarchale Führungsstil seine Grenzen. Um auch in der Zukunft langfristig erfolgreich zu sein, sollten sich Unternehmen und ihre Führungspersönlichkeiten an veränderte Bedingungen anpassen können. Die Bereitschaft für einen modernen Unternehmensführung aufzubringen, ist wiederum ein wichtiger Beitrag der abgebenden Generation für das Gelingen der Nachfolge.

PS: In unserem Familienunternehmen schluckt die „alte Führung“ noch heute, wenn sie mitbekommen, dass ihre Nachfolger das Unternehmen – egal aus welchen Gründen – „erst um 10 Uhr betreten, wenn schon längst vor Ort gearbeitet wird“.  Doch es ist ihnen im Zuge des Generationswechsels gelungen, sich damit zu arrangieren … meistens.

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